„Die Menschen sind gut, bloß die Leute sind schlecht.“ (Erich Kästner)

Wir begegnen Menschen. Manchmal genügt ein kurzes Treffen, eine Begegnung, ein flüchtiger Blick, um einen Eindruck zu hinterlassen. Manchmal wird das Bild, das wir uns von jemandem machen, lange geformt und entsteht langsam. Interessant sind die Eigenarten der Menschen, das, was sie "menschlich" macht, zu Leuten.

 


Scars Of Gold

Im Japan des 16. Jahrhunderts, als sich der Zen-Buddhismus ausbreitete, entwickelte sich ein neues ästhetisches Prinzip - Wabi Sabi. Im Mittelpunkt dieser Sichtweise steht die Einfachheit und die Wertschätzung der Unvollkommenheit: Nichts bleibt, nichts ist vollendet und nichts ist perfekt.

Vor diesem Hintergrund entstand Kintsugi, eine traditionelle japanische Methode zum Reparieren von Keramiken. Dabei werden zerbrochene Stücke mit einer Goldmasse zusammengeklebt, die den Makel hervorhebt. Die Idee dahinter ist, dass alle Dinge einzigartig sind und ein Bruch nicht das Ende bedeutet. Wenn die Reparatur oder Heilung kunstvoll und mit viel Liebe und Aufmerksamkeit durchgeführt wird, kann aus dem, was zerbrochen und unvollkommen ist, ein viel stärkeres, neues Kunstwerk entstehen.

Diesen Gedanken möchte ich in dieser Bildserie aufgreifen. Die einzelnen Teile der Collage sind daher mit Goldfaden zusammengenäht. Die neue "zusammengeflickte" Persönlichkeit ist - gerade wegen der gemachten Erfahrungen - edler und reicher als zuvor.


Farbwuerfe - 2019


sonntags - seit 2017

An Ostern 2017 startete das große, bis auf weiteres fortlaufende Projekt sonntags. In dieser Portraitserie geht es um die Frage „Wer ist die Stadt?“. Wer lebt in einer Stadt und wer macht eine Stadt aus?

Jeden Sonntag verteilt die Private Obdachlosenhilfe Wiesbaden Nahrung und Kleidung an die Menschen, die sich mittags auf dem Luisenplatz in Wiesbaden einfinden. Die Portraitserie sonntags zeigt die Menschen, die sich dort begegnen.

Die Bilder werden nach Fotos gemalt, die bei diesen Begegnungen entstehen. Die Modelle sind Menschen, die es nicht gewohnt sind, ständig fotografiert zu werden; die, sobald sie eine Kamera erblicken, ein professionelles Fotografier-Gesicht aufsetzen. Und doch sind sie gut darin, sich nicht zu zeigen, sich zu verstecken und zu verstellen, um sich selbst zu schützen.

Er ist kurz, der ehrliche Moment, der es als Einverständnis und Vertrag der gemeinsamen Arbeit erlaubt, ein Foto zu machen. Ich muss mich beeilen. Dann ist der Moment vorbei, die Person wendet sich ab, das angedeutete Lächeln gleitet aus den Gesichtszügen und verändert sich: ich beginne lästig zu werden. Den kurzen Moment der Zustimmung, des entgegengebrachten Vertrauens, die Öffnung mir gegenüber, gilt es im Portrait festzuhalten.

Der Name der Serie sonntags bezieht sich auf den Wochentag der Begegnungen, stellt aber auch einen Bezug zum Begehen des „Heiligen Tages“ dar. Der Sonntag ist vielleicht der Tag, an dem man einen Sonntagsbraten isst, an dem man sich herausputzt und mit der Familie einen Sonntagsausflug macht. Oder nicht? Um Neues zu sehen, müssen oft neue Perspektiven eingenommen, manchmal auch Komfortzonen verlassen werden. Öffnen wir die Augen, um zu sehen. Schauen wir hin.


Drahtiges - 2017


Angekommen - 2015

Das Portrait-Projekt "Angekommen" fand zusammen mit dem Wiesbadener Flüchtlingsrat im Jahr 2015 statt. Ziel war es, zehn Personen zu porträtieren, die ihre Heimat verlassen mussten und nun in Wiesbaden leben. Das Projekt wollte dazu beitragen, die Personen durch die Portraits etwas besser kennen zu lernen und einen Einblick in die unterschiedlichen Herkunftsländer zu erhalten.

 

Für jedes Portrait wurden ein Vorgespräch und ein Nachgespräch geführt, bei dem gemeinsam festgelegt wurde, wie die jeweilige Person abgebildet werden möchte und welche Zusatzinformationen integriert werden sollten. Ganz im Sinne eines sparsamen Reisegepäcks wählte jede Person dabei zwei Farben, die zusammen mit schwarz und weiß meine Farbpalette für das entsprechende Portrait bildeten. So wie die Personen während ihrer Flucht und in der Anfangszeit danach mit wenig auskommen mussten und häufig mit Fremdbestimmtem konfrontiert waren, wollte auch ich mich bei den Portraits auf wenige Farben beschränken, die mir von den Modellen vorgegeben wurden. Dies erwies sich in der Umsetzung manchmal als sehr herausfordernd.


Liniengesichter - 2015


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